2020 und 2021 hat die COVID-19-Pandemie die weltweiten Lieferketten durch globale Lockdowns und pandemische Eindämmungsmaßnahmen aus dem Gleichgewicht geworfen.
2022 hat der russische Angriffskrieg in der Ukraine zunehmende Verwerfungen in der Weltwirtschaft verursacht. Längere Lieferzeiten und höhere Preise für Rohstoffe, punktueller Mangel bei bestimmten Lebensmitteln, Papiermangel, Mangel an Medikamenten, lange Wartezeiten für bestimmte Haushaltsgeräte oder Autos und E-Autos von sechs bis zu 18 Monaten waren nur einige Beispiel für die Probleme bei den Lieferketten. Die Verflechtungen mit der ukrainischen und russischen Wirtschaft traten deutlich hervor.
Die europäischen Staaten sind strategisch von wichtigen Wertschöpfungsketten und Lieferketten abhängig. Schon relativ kleine Ausfälle und Verzögerungen in Material- und Produktflüssen können deshalb zu Engpässen, steigenden Preisen oder gar Produktionsstopps führen. Das hat natürlich in Europa und Österreich Folgen, die sich auf Wertschöpfung und Beschäftigung auswirken können, etwa durch Stellenabbau und Insolvenzen. Besonders starke Abhängigkeiten von Drittstaaten bestehen in Europa vor allem bei der Produktion von – für die Unabhängigkeit von Öl und Gas wichtigen – erneuerbaren Energien, bei der E-Mobilität, bei Elektronikkomponenten und Informations- und Kommunikationstechnologien. So produzieren zum Beispiel europäische Unternehmen nur rund ein Prozent der weltweit hergestellten Solarwafer, nur 0,4 Prozent der Solarzellen und nur rund drei Prozent der Solarmodule. Hier ist China weltweit führend.
Ein Problem, das seit Corona sichtbarer geworden ist, ist die mangelnde Verfügbarkeit bestimmter Medikamente und Medizinprodukte. Zum Beispiel befindet sich der Großteil der globalen Produktion von medizinischen Handschuhen in der Hand von sechs Unternehmen, die aufgrund der regionalen Verfügbarkeit von Kautschuk, den klimatischen Bedingungen, vergleichsweise niedrigen Löhnen und Arbeitsstandards sowie industriepolitischen Maßnahmen vor allem in Malaysia produzieren. Gleichzeitig befindet sich ein großer Teil der Generika-Produktion in China und Indien. Viele Antibiotika und Schmerzmittel werden sogar nur von einem einzigen Unternehmen produziert. Lieferengpässe bei Ausfällen sind vorprogrammiert. In Österreich waren im Jahr 2019 323 Arzneimittel davon betroffen, im Jahr 2020 schon 1.096, im Jahr 2021 mit 788 etwas weniger und schließlich stieg die Zahl 2022 auf 1.257.