Im Gesundheits- und Pflegebereich brennt der Hut. Das zeigt eine Umfrage, die im Sommer 2023 von der AK Niederösterreich beim wissma-Marktforschungsinstitut in Auftrag gegeben und durchgeführt wurde. Dabei wurden 2.900 Beschäftigte des Gesundheits- und Pflegepersonals befragt.
Gesundheit & Pflege: 25 Prozent denken an Jobwechsel
Demnach denkt ein Viertel der Befragten zumindest einmal pro Woche an einen Jobwechsel. 4 von 10 Befragten glauben nicht, dass sie ihren Beruf bis zur Pension ausüben können. Die Beschäftigten schätzen ihre Tätigkeit, sind aber körperlich und psychisch erschöpft. Die steigenden beruflichen Belastungen sind eine wesentliche Ursache dafür. Dabei wächst Österreichs Bevölkerung beständig. Bis 2030 werden 76.000 (!) zusätzliche Pfleger:innen benötigt. Der Pflegenotstand ist Realität. In dieser Situation ist auch die Belastung pflegender Angehöriger sehr groß. Bisherige Pflegereformen kommen bei den Pflegekräften und pflegenden Angehörigen nicht an.
Ärztemangel und lange Wartezeiten auf Behandlungen
Problematisch ist auch die ärztliche Versorgung. So fehlten Ende 2023 in Niederösterreich alleine weit über 50 Kassenmediziner:innen, die Hälfte davon Fachmediziner:innen. Wartezeiten von bis zu sechs Monaten auf einen Termin bei einer Kassen-Fachärztin bzw. einem Kassen-Facharzt sind – ebenso wie lange Wartezeiten auf Operationen – zum Normalfall geworden. Dass es bei Kassenstellen zu langen Wartezeiten kommt, verwundert kaum noch. Der Anteil der besetzten Kassenstellen ist seit Jahren rückläufig, während die Bevölkerung wächst. 70 Prozent der Fachmediziner:innen sind schon Wahlärztinnen und Wahlärzte. Vielen Menschen bleibt das notwendige Ausweichen zu diesen nicht erspart. Das ist oft mit hohen Kosten verbunden.
So werden Gesundheits- und Pflegeberufe wieder attraktiver
Nachhaltige Finanzierung der Gehaltserhöhungen statt zeitlich befristeter „Pflegebonus“ nur für ausgewählte Berufsgruppen
„Entlastungswoche“ ohne Wenn und Aber
Leichterer Zugang zur Schwerarbeitspension durch Anerkennung als Schwerarbeit
Verbesserung der Weiterbildungsmöglichkeiten durch niederschwellige und leistbare Angebote
Bessere Arbeitsbedingungen: stabile Dienstpläne, verbindliche Mindestkriterien für Personaleinsatzplanung, weniger Arbeitsverdichtung
Erweiterung der fachlichen Selbstständigkeit akademischer nicht-ärztlicher Berufsgruppen und Abrechenbarkeit der Leistungen dieser Berufsgruppen mit Sozialversicherungsträgern
Flächendeckende Unterstützungsangebote bei Defiziten
Dringende Umsetzung der „AusbildungsGmbH“ für Gesundheitsberufe zur Sicherung eines angemessenen Einkommens, des Erwerbs von Versicherungszeiten und des Arbeitnehmer:innenschutzes von Schüler:innen und Studierenden
So wird das Vertragsarztmodell wieder attraktiver
Wer sich freiwillig für den öffentlichen Gesundheitsdienst verpflichtet, soll einen bevorzugten Zugang zum Medizinstudium erhalten. Das Interesse ist auf jeden Fall da, wie die hohen Anmeldezahlen für die im Studienjahr 2024/2025 dem öffentlichen Interesse – etwa für ÖGK, Bundesheer oder Polizei – gewidmeten 85 Studienplätze zeigen.
Nebenbeschäftigungsmodelle von Spitalsärztinnen und -ärzten als Vertragsärztinnen und -ärzte sollen gegenüber Wahlarztmodellen bevorzugt werden.
Die Einführung eines modernen bundesweiten Gesamtvertrags mit Pauschalelementen statt des bisherigen Akkordsystems der Einzelleistungshonorierung soll die Attraktivität von Kassenstellen erhöhen und mehr Zeit für Patientinnen und Patienten bringen.
Die Gesundheitsberufe sollten in die niedergelassene Versorgung einbezogen werden, damit die Kassen-Mediziner:innen verstärkt ihre Kerntätigkeiten ausüben können.
Durch eine Entbürokratisierung, die neben einer Pauschalhonorierung schlanke Abläufe hat, gekoppelt mit zeitgemäßen Technologien und verstärkter Assistenz, sollen die Kassen-Ärztinnen und Kassenärzte bei Verwaltungsabläufen entlastet werden