Herausforderung Energiekrise

Europa und Österreich befinden sich in einer multiplen Energiekrise. Sie betrifft sowohl Haushalte als auch Unternehmen. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine führte zu einer großen Unsicherheit bei der Gasversorgung. Energieunternehmen produzierten dank steigender Preise extreme Übergewinne, während private Haushalte vor dem Problem stehen, sich Energie nicht mehr leisten zu können.

Erdgas spielt wichtige Rolle im Energiesystem


Österreich bezog im Februar 2022 noch 81 Prozent seiner Gasimporte aus Russland. Dieser Anteil sank bis September 2022 auf rund 21 Prozent, stieg jedoch im Dezember 2022 wieder auf 71 Prozent an. Rund ein Fünftel des Erdgases verbraucht die eine Million private Haushalte in Österreich. In Niederösterreich ist es jeder dritte Haushalt. 40 Prozent des österreichischen Gasverbrauchs entfällt auf die Industrie. Ein Stopp oder Ausfall russischer Gaslieferungen hätte jedenfalls Auswirkungen auf die Wirtschaft. Erdgas ist aber auch für die Stromerzeugung wichtig. Damit es nicht zu Blackouts kommt, muss zu jedem Zeitpunkt so viel Strom erzeugt werden, wie verbraucht wird. Dabei spielen Gaskraftwerke eine zentrale Rolle. Sie werden besonders im Winter zur Stabilisierung des Systems verwendet, wenn Photovoltaik-Anlagen, Windräder und Laufwasserkraftwerke weniger Strom erzeugen, aber die Nachfrage sehr stark ist. 

Grafik Gasimporte Österreich © AK Niederösterreich

Merit-Order-System – Koppelung von Gas- und Strompreis

Der europäische Strommarkt funktioniert derzeit nach dem Merit-Order-System. Nach diesem System bestimmt das teuerste Kraftwerk, das gerade noch gebraucht wird, um die Nachfrage zu decken, den Großhandelspreis. Häufig sind das Gaskraftwerke. Der Großhandelspreis für Gas war etwa in Österreich im Oktober 2022 um 340 Prozent höher als noch im Oktober 2021. Dadurch schnellte der Strompreis mit dem Gaspreis in noch nie dagewesene Höhen und viele Energieunternehmen machten dadurch Übergewinne.

Steigende Energiearmut 

Der Anstieg der Energiepreise im Jahr 2022 traf vor allem die Schwächsten in der Gesellschaft. Bereits 2021 gaben in einer Studie der E-Control österreichweit zwei Prozent aller Haushalte – das entspricht rund 81.000 Haushalten – an, nicht angemessen heizen zu können. Im zweiten Quartal 2022 gaben laut Statistik Austria bereits 9,2 Prozent aller Haushalte an, sich ihre Heizkosten nicht mehr leisten zu können. Das ist mehr als eine Vervierfachung seit Beginn der Energiekrise. Prognosen zeigen, dass sich die Gas-, Strompreise und Fernwärmepreise 2023 zum Teil verdoppeln werden. Das stellt auch Haushalte mit mittleren Einkommen, für die sich bisher nie die Frage nach der Leistbarkeit von Strom, Gas und Wärme gestellt hat, vor Probleme.

Grafik Anstieg der Energiearmut © AK Niederösterreich

Das muss getan werden

  • Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Leistbarkeit müssen innerhalb der EU als energiepolitische Ziele gesetzlich festgeschrieben werden.
  • Es müssen mehr technologieabhängige Anreize geschaffen werden, damit Wasserkraft, Windenergie oder Photovoltaik die Kohle-, Gas- und Ölkraftwerke ersetzen und die Abhängigkeit von Gas und Öl reduziert wird.
  • Gas-Reservekraftwerke müssen bereitgehalten werden, um Blackouts zu verhindern. 
  • Das EU-Strommarktdesign muss sich ändern: Großhandels­preise für Strom sollten den Durchschnittskosten aller 
    Stromerzeugungsarten entsprechen und nicht wie bisher dem Höchstpreis.
  • Beim Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft darf nicht auf die finanziell Schwächsten in der Gesellschaft vergessen werden. Eine leistbare Grundversorgung mit Gas und Strom zu regulierten Preisen muss sichergestellt werden.
  • Energiebörsen benötigen mehr Transparenz und eine bessere Regulierung.
  • Erzeuger und Händler müssen ebenfalls einen Beitrag zu den Netzkosten leisten.